Das Jahr 2005

Lange habe ich nicht mehr von unseren "ADS-lern" berichtet. So will ich Ende 2005 einen Sachstandsbericht geben für alles Interessierten, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben.

Yvonne sprach immer nur kurzzeitig auf eine neue Dosierung ihres Medikamentes Equasym (Hauptbestandteil: Methylphenidat) an, welches sie in 3 Dosierungen im Laufes des Tages mit insgesamt 40mg/Tag bekam. Hatte die Wirkung des Medikamentes nach ca. 3 Stunden nachgelassen, war sie wieder unkonzentriert und stand auch im Verhalten neben sich. So gab es in ihrem Tagesablauf immer Höhen und Tiefen. Nahmen die Tiefen zu, und sie war kaum noch auszuhalten, auch in ihrem Verhalten in der Schule, dann wurde ein neuer Anlauf beim Kinderpsychologen genommen, um festzustellen, ob sie über- oder unterdosiert war.

In dieser Situation wurde uns von Dr. Greven angeboten, Yvonne in eine Studie aufzunehmen, die die Wirksamkeit eines neuen Medikamentes Atomoxetin der Fa. Lilly Deutschland GmbH testet. Untersuchungen von Dr. Greven haben gezeigt, das Yvonne von der Schwere der Betroffenheit mit ADS auf einer Skala von 1 bis 6 den Wert 5 erreicht. Deshalb schon würde er sie gerne in diese Studie mit aufnehmen. Die Studie dient darüber hinaus zur Entscheidungsfindung, ob dieses Medikament wie bereits in anderen europäischen Ländern auch in Deutschland zugelassen werden kann. Das besondere an dem Medikament Atomoxetin ist, es baut langsam einen Spiegel im Körper auf, so das nur noch morgens eine Kapsel genommen werden muss, und diese Berg- und Talfahrt gehört der Vergangenheit an. Selbst wenn mal an einem Tag vergessen wird, das Medikament einzunehmen, wirkt sich das nicht weiter aus, da der Spiegel im Körper sich auch erst langsam wieder abbaut.

Natürlich stimmten wir diesem Vorschlag zu, verbunden mit viel Hoffnung auf ein ausgeglichenes Kind. Die Studie lief von November 2004 bis März 2005. Es galt, strenge Regeln einzuhalten, was die Vergabe des Medikamentes betraf und die Dokumentation darüber. Und es wurde ein voller Erfolg. Kurz vor Ende der Studie wurde das Medikament unter dem Namen Strattera zugelassen. Yvonne bekommt jeden Tag eine Kapsel mit 60 mg und morgens einmalig 15 mg Methylphenidat, um auch zum Unterrichtsbeginn voll da zu sein. Zusätzlich besucht sie einmal die Woche eine Verhaltenstherapie.

Bild von Yvonne mit Inline-Skates Yvonne ist jetzt eine ausgeglichene Persönlichkeit, von ihren pubertären Ausbrüchen einmal abgesehen, mit denen jeder Teenager zu kämpfen hat. Sie stört kaum noch den Unterricht und kann den vermittelten Inhalten folgen. Ein bischen bequem ist sie geworden, mit Sport hat sie nicht viel am Hut.

Ein wenig anders verhält es sich mit Celeste. Sie hat eine diagnostizierte Lese- und Rechenschwäche, deren Ursache auch in ihrem ADS zu suchen ist. Dafür haben wir nach viel Wirbel eine Verhaltenstherapie mit dem Schwerpunkt der Rechenschwäche bekommen, die auch wieder verlängert wurde und schon einiges gebracht hat.

Sie bekam schon seit längerem ebenfalls Equasym 40 mg, in drei Dosierungen über den Tag verteilt. Leidenschaftlich macht sie im Feldhockey mit, speziell das Torwarttraining. Stand sie im Tor und sie hatte Nachmittags ihre Tablette vergessen, konnte man diesen Umstand deutlich an der Anzahl der nicht gehaltenen Bälle erkennen. Richtig dosiert ist sie ein Spitzentorwart.

Da dieser Test mit dem Atomoxetin bei Yvonne so gut angeschlagen hatte, fragten wir im Sommer Dr. Greven, ob Celeste nicht auch ein Proband sein könnte. Das war der Fall. So nimmt sie seit September diesen Jahres an der Studie teil und bekommt derzeit das Atomoxetin HCI mit 40mg/Tag, eine Kapsel am Morgen.

Celeste hat schon große Fortschritte in ihren schulischen Leistungen gemacht, in ihrem Verhalten ist sie die Zicke geblieben.

© PM 12/2005